09.05.2011 • Sonja Kert-Wakounig
Govor ob otvoritvi 19. Kulturnega tedna koroških Slovencev
Rede der Vorsitzenden des KKZ (Christlicher Kulturverband), Mag. Sonja Kert-Wakounig, im Namen der slowenischen Kulturorganisationen anlässlich der Eröffnung der 19. Kulturwoche der Kärntner Slowenen am 9. 5. 2011 in Pörtschach am Wörthersee
in Anwesenheit des österreichischen Bundespräsidenten Dr. Heinz Fischer
“Nmav črez izaro, nmav čez gmajnico” – ein Stück über den See, ein Stück über die Flur ... heißt es in einem der beliebtesten Kärntner slowenischen Lieder.
Nmav črez izaro, nmav čez gmajnico - so kommt man auch nach Pörtschach.
Pörtschach, slowenisch Poreče, ist ein Ort am Fluss (slow. reka, Gegend am Fluss, am Wasser). Orte mit diesem Namen kommen vor im gesamten riesigen Raum von Russland im hohen Norden über Kärnten über Slowenien bis nach Mazedonien.
Ein Begriff wird Ihnen Poreč sein, ein auch für Kärntner beliebter Urlaubsort im kroatischen Istrien, auch dieses Poreč natürlich nicht nur des Tourismus wegen, sondern auch namenkundlich verwandt mit Pörtschach-Poreče am Wörthersee.
Die Kulturwoche wurde ins Leben gerufen um der Kärntner Bevölkerung das Leben und kulturelle Schaffen der Kärntner Slowenen, ihr Wesen und ihre Sicht der Dinge, ihre Freuden und auch Besorgnisse, näher zu bringen. Sie soll den Dialog anregen und Menschen die Möglichkeit bieten, einander in ihrer Vielfalt kennen lernen und voneinander lernen zu lassen. In diesem Sinne möchte ich einige aktuelle Gedanken mit Ihnen teilen.
Die slowenischen und deutschen Kärntner unterscheiden sich eigentlich nur durch die Sprache und ebendiese ist der Schlüssel zum Dialog, den wir mit dieser Kulturwoche anstreben. Ohne Sprache kann naturgemäß kein Dialog stattfinden.
So haben sich die Kärntner Slowenen auch die deutsche Sprache angeeignet und sind heute alle zumindest zweisprachig. Mit jeder Sprache öffnet sich eine weitere Welt für den Sprecher, das ist schön und bereichernd. Ich kenne keinen Kärntner Slowenen, dem es Leid täte, deutsch gelernt zu haben, obwohl es schwer war. Es gibt auch einige deutschsprachige Kärntner, die Slowenisch gelernt haben, auch sie haben sich bemühen müssen, und ich kenne auch hier keinen, dem es Leid täte, das getan zu haben.
Umgekehrt treffe ich oft auf Menschen, denen es leid tut, das Slowenische nicht gelernt zu haben, die es schmerzt, das Idiom ihrer Vorfahren nur rudimentär oder gar nicht mehr zu kennen.
Aber auch wenn man nicht Slowenisch kann, man spürt es in vielen Wörtern und Redewendungen, den Kärntner Namen, in Satzbau und Aussprache des Kärntner deutschen Dialekts, zB “Tscherfl”, von slow. “čevelj” (der Schuh) oder “Štrankale” von slowenisch “strok” (die Schote). Das Fragepartikel “ali oder a”, das am Anfang eines slowenischen Fragesatzes steht, etwa steht auch am Anfang eines Fragesatzes im Kärntner deutschen Dialekt: “A gemma wos trinken?” Das ist im übrigen deutschen Sprachraum gänzlich unbekannt, für uns aber ganz normal und macht das Besondere an Kärnten aus.
Im Kärntner slowenischen Dialekt werden auch deutsche Begriffe verwendet, sog. Lehnwörter, manchmal auch solche, die im Deutschen gar nicht mehr verwendet werden, wie etwa das alte deutsche Wort für „rechnen“, nämlich „reiten“. Im Slowenischen reiten wir immer noch, wenn wir uns mathematisch betätigen, während man im Deutschen mittlerweile nur noch „rechnet“. Der Kärntner slowenische Dialekt enthält aber auch Begriffe der slowenischen Hochsprache, die in Slowenien selbst kaum jemand mehr kennt oder die dort nur noch in bestimmten Zusammenhängen, etwa in der poetischen Hochsprache verwendet werden. So zeigt sich in der Kärntner Sprache, der deutschen und slowenischen, eine Vielfalt und Besonderheit, entstanden gerade durch den stattfindenden Dialog und das Verständnis bzw. das Beherrschen beider hier gesprochenen Sprachen.
Wie kann das denn seinerzeit zugegangen sein, dass die ehemals überwiegend slowenisch sprechende Kärntner Bevölkerung so gut Deutsch gelernt hat? Vielleicht u. a. durch Maßnahmen wie vor gut 150 Jahren in Pörtschach vorgeschlagen: nämlich etwa die Einführung dreier deutscher Messen in der Pfarre pro Monat. Das heißt, die Schaffung von öffentlichen Gelegenheiten, die Sprache zu hören, zu lernen und auch verwenden zu können.
Dazu sind an erster Stelle das Bildungswesen, Kindergärten, Schulen und Sprachunterricht, auch entsprechender Geschichtsunterricht zu nennen. Aber es sind auch etwa zweisprachige topographische Aufschriften, Ortstafeln, die als sprachliche Kulturdenkmäler auf unaufdringliche Weise beide Sprachen der Region sichtbar machen. Oder die Amtssprache, die ebenfalls einen Teil des gesellschaftlichen Lebens abdeckt und der Sprache weitere, dringend notwendige Funktionalität gibt.
Heute ist Europatag und ich denke, es sollten alle Kärntner das Recht auf zweisprachigen Unterricht haben. Die Kärntner Slowenen haben gute Erfahrungen mit dem zweisprachigen Schulwesen, sie haben Sprachlernsysteme entwickelt, die allen Kärntnern nutzbar gemacht werden könnten. Vorreiter hier war vor allem die Bruderschaft Hermagoras/Mohorjeva, an deren Erfolgssystem sich dann auch die öffentliche zweisprachige Volksschule in Klagenfurt orientiert hat. Beide Schulen laufen hervorragend. Der Kindergarten in Pörtschach und der Hermagoras Kindergarten Naš otrok in Klagenfurt treten heuer als Kulturwochenprojekt in Dialog, werden sich kennenlernen und Erfahrungen austauschen und hoffentlich weiter zu einem Paradigmenwechsel in Kärnten beitragen.
Denn mit Wehmut und Besorgnis blicken wir auf den Rückgang der Verwendung der slowenischen Sprache in Kärnten. Es gibt trotz der erfreulich steigenden Anmeldungen zum zweisprachigen Unterricht immer weniger Menschen, die Slowenisch sprechen können, und es gibt auch viele, die es zwar sprechen, aber – aus vielfältigen Gründen – nicht weitergeben.
Es gab in Kärnten in der Vergangenheit schon viele Initiativen zur Unterstützung der slowenischen Sprache um so die Zweisprachigkeit in Kärnten zu erhalten und auch leichter in die Mehrsprachigkeit zu kommen. Auch aktuell gibt es einige, die versuchen vorhandenen Negativtrends entgegenzuwirken. Die Schule etwa kann ja in den wenigsten Fällen eine Sprache wirklich beibringen, da gehört noch vieles, wie zB familiäres sprachliches Umfeld etc. dazu. Wenn Sie etwas mehr darüber erfahren wollen, wie das zu bewerkstelligen wäre, wenn Sie Lust verspüren, in die Sprache Ihrer Vorfahren oder Nachbarn zu schnuppern oder Sie Ihre versteckten Sprachkenntnisse aufstöbern wollen, Ihren Kindern und Enkeln den Spracherwerb ermöglichen und erleichtern wollen, dann kommen Sie zum Themenabend am Mittwoch auf die Seeterrasse in Werzer´s Hotel. Dort stellen sich die Initiativen Zwei- und Mehrsprachigkeit in der Familie und Familiensprache Slowenisch vor.
Alle diese Initiativen gingen und gehen immer noch von den Betroffenen aus, von der sog. Zivilgesellschaft. Dringend notwendig ist es aber, dass auch die Politik, die für das Blühen der Kultur und Bildung verantwortlich ist, auch auf den Zug aufspringt und diese Initiativen tatkräftig subventioniert um für Kärnten diesen Kulturschatz und Wettbewerbsvorteil erhalten, nach Möglichkeit ausbauen zu können.
Die heurige Kulturwoche bietet auch sonst noch viel Interessantes von Chorgesang, Film, Theater und klassischer Musik, sehen Sie sich die Früchte der Arbeit unserer Kulturschaffenden an. Ich kann mit stolz sagen, dass viele von ihnen preisgekrönt im In- und Ausland sind - Ich kann sie nur empfehlen!
Gerade die Kärntner. Kulturschaffenden und ich kann sagen, ganz viele slowenische, bemühen sich beständig um Dialog und tragen viel zum entspannten Umgang beider Volksgruppen, und damit zur kulturellen, aber auch wirtschaftlichen Prosperität Kärntens, zur Anerkennung und zum Ansehen Kärntens in Österreich und in der Welt bei.
Aus kultureller und geschichtlicher Sicht würde man sich eine großzügigere Ortstafellösung wünschen, doch hoffen wir auch so auf besagten Paradigmenwechsel in Kärnten, der die slowenische Sprache nicht als gerade noch in kleinerem Maße zumutbar sein lässt, sondern offensiv deren Vorteile möglichst vielen Kärntnerinnen zu Teil werden lässt.
Ich danke allen, die an der heurigen KW mitwirken, dem Volksgruppenbüro und der Gemeinde Pörtschach und den Pörtschachern und wünsche Ihnen allen heute einen schönen und erfüllten Kulturabend!
Hvala vsem kulturnikom, ki oblikujejo letošnji kulturni teden koroških Slovencev, vsem nam pa želim lep, dober večer in kulturni užitek!